Rechtsprechung
FG Sachsen, 12.11.2013 - 1 K 1003/12 |
Volltextveröffentlichungen (4)
- Wolters Kluwer(Abodienst, Leitsatz/Tenor frei)
Änderung eines Einkommensteuerbescheides durch das Finanzamt aufgrund nachträglich bekannt gewordener Beweismittel
- rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)
Doppelte Geltendmachung von Altersvorsorgeaufwendungen in der Steuererklärung als neue Tatsache leichtfertige Steuerverkürzung
- datenbank.nwb.de(kostenpflichtig, Leitsatz frei)
Doppelte Geltendmachung von Altersvorsorgeaufwendungen in der Steuererklärung als neue Tatsache - leichtfertige Steuerverkürzung
- juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)
Verfahrensgang
- FG Sachsen, 12.11.2013 - 1 K 1003/12
- BFH, 17.11.2015 - X R 35/14
- BFH - X B 252/13 (anhängig)
Wird zitiert von ... Neu Zitiert selbst (1)
- BFH, 14.05.2013 - X B 33/13
Nachträglich bekannt gewordene Tatsachen bei Doppelansatz von …
Auszug aus FG Sachsen, 12.11.2013 - 1 K 1003/12
aa) Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO ist jeder Lebenssachverhalt, der Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Tatbestands sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften materieller oder immaterieller Art (BFH-Beschluss vom 14. Mai 2013 - X B 33/13, BFHE 241, 9, BFH/NV 2013, 1145 Rz. 29).Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Willensbildung über die vorangegangene Steuerfestsetzung abgeschlossen war (BFH in BFH/NV 2013, 1145 Rz. 32), hier also die Zeichnung des Eingabewertbogens zum Erlass der Abhilfebescheide auf die jeweils gegen die Erstbescheide eingelegten Einsprüche hin.
Der Inhalt der in der zuständigen Dienststelle geführten Steuerakten gilt als bekannt, ohne dass es auf die tatsächliche Kenntnis des jeweiligen Bearbeiters ankommt (BFH in BFH/NV 2013, 1145 Rz. 33).
Bei Tatsachen, die sich nicht aus den Akten ergeben, ist hingegen die positive Kenntnis des zuständigen Bearbeiters erforderlich; ein Kennenmüssen reicht nicht aus (BFH in BFH/NV 2013, 1145 Rz. 33).
Auch wenn der Tatbestand dieser Vorschrift verwirklicht ist, ist die Änderung eines Bescheids nach Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn dem FA die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre (BFH in BFH/NV 2013, 1145 Rz. 36).
Haben sowohl der Steuerpflichtige als auch das FA es versäumt, den Sachverhalt aufzuklären, trifft in der Regel den Steuerpflichtigen die Verantwortung, mit der Folge, dass die Berufung des FA auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht treuwidrig ist (BFH in BFH/NV 2013, 1145 Rz. 36 m.w.N.).
Demgegenüber scheidet in Fällen beiderseitiger Pflichtverletzungen eine Änderungsmöglichkeit aus, wenn der Verstoß des FA deutlich überwiegt (BFH in BFH/NV 2013, 1145 Rz. 36 m.w.N.).
Bei Zugrundelegung der Grundsätze von Treu und Glauben kann der Steuerpflichtige seine verfahrensrechtliche Position aber nicht dadurch verbessern, dass er seine Steuererklärung von einem Steuerberater fertigen lässt und der Steuerberater vorbereitende Tätigkeiten seinem Büropersonal überträgt (BFH in BFH/NV 2013, 1145 Rz. 41).
Sollten die Anforderungen der §§ 3, 17 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer in der Kanzlei des Steuerberaters der Kläger nicht erfüllt gewesen sein, könnten die Kläger sich im Anwendungsbereich der Grundsätze von Treu und Glauben nicht zu ihren Gunsten auf derartige Organisationsmängel berufen (BFH in BFH/NV 2013, 1145 Rz. 42).
Der Prüfhinweis zu Zeile 63, den der Sachbearbeiter für 2007 zu beachten hatte, war nicht einschlägig (s. näher BFH in BFH/NV 2013, 1145 Rz. 46).
Zudem waren die Eintragungen der Kläger für 2007 durchaus plausibel, weil in Zeile 63 des Erklärungsvordrucks ausdrücklich auch "Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen" zu erfassen waren und sowohl für die Eintragungen in den Zeilen 61 und 65 (Lohnsteuerbescheinigung) als auch für die Eintragung in Zeile 63 (Jahreskontoausweis) entsprechende Belege vorlagen (BFH in BFH/NV 2013, 1145 Rz. 46).
cc) Leichtfertigkeit bedeutet einen erheblichen Grad an Fahrlässigkeit, der etwa der groben Fahrlässigkeit des bürgerlichen Rechts entspricht, im Gegensatz dazu aber auf die persönlichen Fähigkeiten des Täters abstellt (BFH in BFH/NV 2013, 1145 Rz. 52 m.w.N.).
- BFH, 17.11.2015 - X R 35/14
Verlängerung der Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO: Keine …
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 12. November 2013 1 K 1003/12 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 1. Juni 2012, soweit jeweils die Einkommensteuer 2006 betroffen ist, sowie der geänderte Einkommensteuerbescheid 2006 vom 23. Februar 2012 aufgehoben.